Mutiertes Gen schützt vor Übergewicht und Diabetes
Dr. Gisela Olias, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke
19.10.2008
Die Forscher veröffentlichten ihre Daten heute in der angesehenen Fachzeitschrift Nature Genetics (Chadt, A. et al.; 2008).
Die Mutation, die das Tbc1d1-Gen ausschaltet, bewirkt eine gesteigerte Fettaufnahme in die Skelettmuskulatur und kurbelt gleichzeitig die Fettverbrennung an. Der Glucoseumsatz der Muskeln nimmt dagegen ab. "Dies beweist, dass das normale Tbc1d1-Gen eine sehr wichtige Funktion im Fett- und Glucosestoffwechsel erfüllt und so eine wesentliche Rolle bei der Regulation des Energiestoffwechsels spielt", erklärt Hadi Al-Hasani.
"Nicht nur wie viel Nahrung wir aufnehmen, sondern auch wie wir sie in unserem Körper umsetzen, ist entscheidend für die Entstehung von Übergewicht und Diabetes", sagt Hans-Georg Joost, wissenschaftlicher Direktor des DIfE. Verschiebt sich das Verhältnis von Glucose- zu Fettverbrennung, so dass die Muskeln verstärkt Fett und weniger Glucose als Energiequelle nutzen, so ist dies energetisch ineffektiv. Die Folge ist, dass der Körper weniger Fett speichern kann. Das Risiko für Übergewicht und damit auch für Diabetes sinkt.
In Deutschland sind bereits 66 Prozent der Männer und 50,6 Prozent der Frauen übergewichtig oder adipös (fettsüchtig). In den USA bringen nach jüngsten Meldungen sogar dreiviertel der Erwachsenen zu viel auf die Waage. Übergewicht erhöht in einem erheblichen Maß das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall, Darmkrebs und Typ-2-Diabetes. Derzeit sind mehr als sieben Prozent der Bundesbürger an Diabetes erkrankt, wobei die Zahl in den nächsten Jahren durch die steigende Anzahl Übergewichtiger noch zunehmen wird.
Wie Tier- und Humanstudien zeigen, besteht ein Zusammenhang zwischen
Übergewicht, Typ-2-Diabetes, Ernährung und Genen. Wissenschaftler
vermuten, dass natürliche Varianten von mindestens 50 Genen an der
Entstehung von Übergewicht beteiligt sind. Für Diabetes spielen
vermutlich mehr als 100 Gene eine Rolle. Nur sehr wenige dieser Gene
und Varianten sind bislang bekannt. Zudem bilden sie ein funktionell
interagierendes Netzwerk, dessen einzelne Komponenten beim Menschen
nur schwer zu identifizieren und zu untersuchen sind.
Da Mensch und Maus genetisch sehr ähnlich sind, nutzen die Forscher
des DIfE Mausmodelle, um Gene zu identifizieren, die an der
Entstehung von Übergewicht und Diabetes des Menschen beteiligt sind.
Ist zum Beispiel ein "Übergewichtsgen" gefunden, das bei beiden
Spezies eine Rolle spielt, können die Wissenschaftler seine Funktion
und die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen am Tiermodell
unter kontrollierten Bedingungen erforschen. Am Menschen sind solche
Studien oft aus ethischen sowie auch aus praktischen Gründen nicht
möglich. Die am Tiermodell gewonnenen Ergebnisse lassen sich nutzen,
um neue Medikamente zur Behandlung von Adipositas (Fettsucht) und
Diabetes zu entwickeln.
Hintergrundinformation:
Zur Studie: Die Wissenschaftler identifizierten die Mutation im Tbc1d1-Gen mit Hilfe von Rückkreuzungsexperimenten. Dabei verglichen sie das Erbgut zweier sehr unterschiedlicher Mausstämme. Die New Zealand obese-Maus nimmt unter einer fettreichen Diät (60 Prozent Fettanteil) schnell an Gewicht zu und entwickelt eine Adipositas (Fettsucht), wobei der Körperfettanteil auf über 40 Prozent steigen kann. Die Mäuse des Swiss Jim Lambert-Stamms nehmen trotz eines sehr hohen Fettanteils im Futter aufgrund ihrer genetischen Veranlagung nicht zu und bleiben schlank. Im mutierten Tbc1d1-Gen des Swiss Jim Lambert-Stamms fehlen sieben Genbausteine (Basen). Diese Veränderung führt zu der Synthese eines verkürzten Tbc1d1-Eiweißmoleküls, das hierdurch aller Wahrscheinlichkeit nach seine enzymatische Funktion verliert. Das Tbc1d1-Eiweißmolekül findet sich hauptsächlich im Skelettmuskel. Geringere Mengen konnten die Wissenschaftler im Gewebe von Herz, Bauchspeicheldrüse, Colon, Nieren und dem Hypothalamus nachweisen. Im Fettgewebe und in der Leber trat es nicht auf.
Kontakt:
Prof. Dr. Dr. Hans-Georg Joost
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Tel.: +49/33200/88-416
E-Mail: joost@dife.de
PD Dr. Hadi Al-Hasani
Deutsches Institut für Ernährungsforschung
Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Abteilung Pharmakologie
Arthur-Scheunert-Allee 114-116
14558 Nuthetal/ Deutschland
Tel.: +49/33200/88-388
E-Mail: al-hasani@dife.de
Dr. Gisela Olias
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